Christoph Wagner
»frames«.

Zu den neuen Bildern von Francis Berrar

»frames«, die sich öffnenden, überlagernden Bildrahmen des Internets nimmt Francis Berrar in seinen jüngsten Bildern als Strukturelement auf, um die avancierte Position der Abstraktion seiner Malerei neu zu bestimmen. Virtuelle Bildräume öffnen sich. Die Bildikonographie ist radikal auf leuchtschriftartige Schriftzüge wie »Porncity«, »boyzone«, »Abuse« reduziert. Diese Chiffren werden von der abstrakten Malerei bedrängt, überlagert, überschrieben und gelegentlich auch gelöscht: Abstrakte Zonen heilen mit heiliger Unschuld das, was das Auge im Netz eines lärmenden Informationsoverkills im steten horror vacui der visuellen Zeichen und Bilder bestürmt. Elementare Materialtexturen aus farbigen Lack- und Acrylflächen stehen gegen die Gitterstrukturen der sich überlagernden Rechtecke der »frames«. Diaphane Farbflächen und malerische Fragmente schaffen Erinnerungsstrukturen. Assoziationsräume werden geöffnet. Die aseptischen digitalen Bilder werden in der Farbmaterie greifbar, manchmal im bewußt roh gehaltenen Medium der Malerei. Zugleich bleibt die Ebene des Motivischen ungreifbar in die Abstraktion entrückt. Francis Berrars Bilder führen den Betrachter in ein »no go area« der Malerei, in dem aus den malerischen Prozessen im Spannungsfeld zwischen Planimetrie und Raumfiktion Spielräume für neue Wahrnehmungsprozesse entstehen.
Die Macht des Parergons, die Jacques Derrida 1978 kalt emphatisch auf die Frage der »Wahrheit in der Malerei« bezog, holt Francis Berrar in seinen Bildern wieder in den ästhetischen Horizont der abstrakten Malerei zurück: Auf dem Feld einer zu den Rändern offenen Malerei hat er die Abstraktion mit der Bedingtheit wechselnder Rahmenkonstellationen konfrontiert. Die Sichtbarkeit der Grenzen des Bildes wird dem Bild selbst vervielfältigt eingeblendet: Der Rahmen gerät damit ins Spielfeld der Malerei, verliert auf diese Weise seinen ihm inhärenten Machtanspruch.

Christoph Wagner